Pflichtteilsrecht
Pflichtteilsrecht, oder wie funktioniert die Enterbung
Heutzutage ist in Deutschland eine vollständige Enterbung nur in extremen Ausnahmefällen möglich.
Der Nichterbe bzw. Enterbte hat im Regelfall immer noch sein Pflichtteilsrecht.
Über Pflichtteilsansprüche hat sich der Verstorbene ggf. gar keine Gedanken gemacht, als er sein Testament errichtete. Pflichtteilsansprüche können hinsichtlich des Erbes erhebliche Konsequenzen auslösen. Pflichtteilsberechtigt sind nur sehr enge Familienangehörige bzw. der Ehegatte.
Schon Geschwister sind zum Beispiel nicht pflichtteilsberechtigt.
Die Höhe des Pflichtteils entspricht der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbenteiles nach § 2303 I BGB. Bei einer Familie mit 2 Kindern würden im Regelfall neben dem Ehepartner die Kinder jeweils 1/4 erben – ihr Pflichtteil wäre dann je 1/8, wenn sich die Eltern wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt haben (bei Zugewinngemeinschaft).
Hier der Wortlaut des Gesetzes:
§ 2303 BGB
Pflichtteilsberechtigte; Höhe des Pflichtteils.
(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.
(2) Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt.
Zu beachten ist auch, daß der Erblasser evtl. absichtlich zur Minderung von Pflichtteilsansprüchen sein Vermögen verschenkt hat. Ein Pflichtteilsanspruch würde dann unter Umständen ins Leere gehen, wenn kein Vermögen mehr vorhanden ist, der Erblasser alles zu Lebzeiten verschenkt hat.
Hier gibt es das Institut des Pflichtteilsergänzungsanspruches, so daß Schenkungen, die vor dem Erbfall erfolgten wieder dem Erbe hinzugerechnet werden. Der Pflichtteil errechnet sich dann aus einem fiktiven Nachlaß.
Je länger eine Schenkung jedoch zurückliegt, desto weniger findet sie vom Wert her Berücksichtigung:
§ 2325 BGB
Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen
(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.
(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.
(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.
Wenn Sie Pflichtteilsansprüche haben könnten (meistens werden Sie darüber vom Nachlaßgericht informiert), sollten Sie zeitnah nach dem Todesfall einen Anwalt aufsuchen. Rechtsanwalt Pieconka hilft Ihnen gerne, ihre Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche durchzusetzen.